Architektur-Landschaft weben und entweben
Das Gewebe des ersten unterstands, das sich wie das erste bauwerk, der schutzwall, von der wildnis abhebt, war eine anordnung von ästen, eine erste, vom natürlichen unterstand der Höhle unterscheidbare konstruktion, die sich gegenüber der natur durchsetzt und sich als neue landschaft vor dem unendlichen Horizont ausbreitet und seine sinnlose kontinuität unterbricht. Aber eben diese unermessliche landschaft ruft vorstellungen hervor, die aus den städten stammen – orte, an denen architektur in ihrer summe wieder landschaft geworden ist – und die imagination eines spiegelgleichen bildes verlangen, und daher erscheint in der einöde trapananda, die Geisterstadt von aysén, die dem suchenden erscheint, um sofort wieder zu verschwinden, ein anfangspunkt, um in ihre Poesie einzutauchen, und die vorweggenommene erfahrung dessen, das jetzt vor uns sichtbar wird.* eintauchen heißt, besessen und beharrlich zu verfolgen, was sich uns entzieht, die möglichkeit des begehrens ohne mögliche vorstellung, eine vorstellung, die immer wieder neu zusammengesetzt werden muss, um erkannt werden zu können, so wie ein Gewebe, das aufgetrennt und wieder neu verwebt wird. und wie ein Gewebe etwas abdeckt und verbirgt, was es schützt, lässt die Geisterstadt bei jedem neuen erscheinen die landschaft verschwinden, die hinter ihr liegt. Preece und Holzapfel arbeiten intensiv an einem zusammenhängenden und gleichzeitig widersprüchlichen werk. Holzapfel errichtet eine struktur, konstruiert eine nie fertige behausung, die ein dahinter durchscheinen lässt und geht der flüchtigen, in ihrer temporären existenz gezeigten landschaft nach. Preece betreibt eine archäologie von dem, was da war. er sammelt die stücke in minutiöser arbeit und zeigt sie einzeln in einem nicht konstruierenden konstruktionsprozess; so als stelle er nur das inventar aus, das sich widersetzt, die neuordnung dessen zu werden, was es war. es ist beinahe ein tragisches spiel, und man erkennt darin eine art metapher für eine Geschichte von unendlichen versuchen, für unsere eigene Geschichte, die in der legende von trapananda vorweggenommen wird. auch die kalten oberflächen der wände und fußböden des mac erweisen sich als ein offenes feld, auf dem der betrachter dieses spiel in seiner vorstellung nachvollziehen kann; sie erweisen sich als diese – unsere – flüchtige landschaft.
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Francisco Brugnoli
Direktor
Museo de arte contemporáneo (MAC),
Santiago Chile
*trapananda ist auch der titel des Projekts, zu dem der kurator alfons Hug die künstler eingeladen hat in der landschaft zu arbeiten, in der die legende entstand.